FAZ vom 11.03.2003
Alfons Rissberger − Strategie Consulting

Frankfurter Allgemeine Zeitung, Dienstag, 11. März 2003

Verlagsbeilage zur CeBIT 2003

IT vernichtet Arbeitsplätze

Die Politik muss neue Rahmenbedingungen schaffen

Von Alfons Rissberger

Zur beschleunigten und mit Blick auf die Nutzwerterschließung noch effizienteren Informationstechnologienutzung gibt es keine Alternative, wenn wir im Wettbewerb nicht an vielen Stellen verlieren wollen. Deshalb sind die Forderungen der Initiative D21 an die Bundesregierung richtig und wichtig.
Die für den Wettbewerb unabdingbare Effizienzsteigerung durch IT führt in den nächsten Jahren zu einer deutlichen Senkung von Arbeitsprozesskosten - die Banken geben bis zu 40 Prozent an - aber auch zum massiven Abbau von Arbeitsplätzen in allen Bereichen geistiger Routinearbeit. Dieser internationale Prozess wird in Deutschland zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit um mindestens eine weitere Million führen. Die Lösung der besvorstehenden Probleme wird weder durch Wachstum noch durch Rezepte der Vergangenheit möglich sein. Es ist nicht mehr verantwortbar, wenn einerseits Unternehmensführer Leute in die Arbeitslosigkeit schicken und andererseits die in den Firmen verbleibenden Mitarbeiter unter einen höheren Leistungsdruck gesetzt werden. Die einen kosten durch psychosomatische Erkrankungen die Gesellschaft mehr, als wenn sie im Arbeitsprozess blieben. Bei den anderen führt das genausooft zu Krankheiten und Schädigungen des Unternehmensklimas wie auch der Familien. Hier ist die Politik gefordert, veränderte Rahmenbedingungen zu definieren.

Es ist unverantwortlich, wenn Abgeordnete verschiedener Parteien sagen, dass sie diese Entwicklung schon sehen, dass man aber mit der Benennung dieses Problems keine Wahlen gewinnen könne. Die Diskussion dieses Problems und von Lösungsmöglichkeiten ist jetzt nach der Bundestagswahl zwingend notwendig.Dabei ist ein "Zusammenrücken" unvermeidlich. Das heißt, dass an vielen Stellen drei Arbeitnehmer sich zwei bisherige volle Arbeitsplätze teilen müssen. Da wir dabei erhebliche Summen an Arbeitslosenunterstützung und an Gesundheitskosten einsparen, bedeutet dies bei zwei Dritteln der Arbeitszeit rund 90 Prozent des Lohns. Die Informationstechnologie bleibt zwar in einigen Bereichen eine Jobmaschine. Aber durch einen bedeutend höheren Arbeitsplatzverlust an allen anderen Stellen ist die Bilanz negativ. Die beachtenswerten Vorschläge der Hartz-Kommission sind zu ergänzen. Die Erfahrungen der Vergangenheit reichen heute nicht mehr, die absehbaren IT-Auswirkungen müssen eingearbeitet werden.
Wir gehören zu den zehn bis 20 Prozent der Menschen dieser Erde, die 80 bis 90 Prozent der Ressourcen dieser Welt verbrauchen. Daher sind die meisten unserer Lebensgewohnheiten nicht auf den Rest der Welt übertragbar. Auch diese Tatsache wird das weitere Wachstum bei uns und damit die konventionelle Lösung der genannten Probleme stark beschränken.
Allein in Indien gibt es Zigtausende akademisch qualifizierte Programmierer, die zu einem Bruchtiel deutscher Lohnkosten arbeiten. Der erstmalige Einsatz selbstlernender Wissensmanagementsysteme wird zu einer weiteren Konkurrenz bei der Produktion geistiger Abreit führen.

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